Aufgrund der großen Popularität beteiligen sich weltweit Millionen Menschen an Internet- Tauschbörsen. Die hohe Nutzeranzahl sorgt auch dafür, dass im Verhältnis bisher relativ wenige Personen mit rechtlichen Konsequenzen rechnen mussten. Jedoch ändert sich dies zunehmend durch die immensen wirtschaftlichen Verluste, die den betroffenen Unternehmen hierdurch entstehen. Diese gehen in den letzten Jahren verstärkt die Verletzungen der Urheberrechte vor.
Einerseits werden als Alternative immer mehr Möglichkeiten kostenpflichtiger Angebote zum legalen Download der Dateien angeboten (iTunes Music Store, Musicload, etc.), andererseits wird versucht, die Rechtsverletzungen so effektiv wie möglich zu verfolgen. Tauschbörsen im Internet funktionieren heute meist nach dem Prinzip von Peer-to-Peer-Netzwerken (P2P). Dies bedeutet, dass die Daten nicht auf einem einzigen zentralen Server (wie Napster - früher eine der ersten großen Tauschbörsen) gespeichert sind, sondern dezentral auf viele Nutzer verteilt sind. Hierbei werden Dateien durch Uploads zur Verfügung gestellt, die dann wiederum per Download weiter verbreitet werden. Die Daten werden also lediglich kopiert, ohne dass das Original seinen Besitzer wechselt. Regelmäßig stellen diejenigen, die Dateien auf ihren Computer heruntergeladen haben, diese für die anderen Nutzer sofort wieder als Upload zur Verfügung. Dieses Prinzip ermöglicht es binnen kürzester Zeit, riesige Datenmengen über das Internet gegenseitig auszutauschen. Die bekanntesten Tauschbörsen der letzten Jahre sind KaZaA, eMule, Gnutella, eDonkey oder BitTorrent.
Viele Tauschbörsen arbeiten nach dem Client-Server-Prinzip. Dies ermöglicht eine genaue Lokalisierung der getauschten Dateien und Anbieter. Mit die beliebtesten P2P-Netzwerke versuchen jedoch ein anonymes Filesharing zu gewährleisten (Mute, GnuNet, Freenet, LimeWire, etc.). Mangels Copyrightkontrolle besteht so die Möglichkeit, ohne Entrichtung von Lizenzgebühren urheberrechtlich geschützte Werke (Musik, Computerspiele, Software, Filme, Handy Klingeltöne etc.) zu tauschen.
Die rechtlichen Hintergründe
Für die identifizierten Nutzer kann die Teilnahme an derartigen Tauschbörsen (ein Begriff, der seitens der betroffenen Rechteverwerter übrigens stets mit Anführungszeichen versehen wird) vielfältige straf- und zivilrechtliche Folgen haben. In der Praxis betrifft dies in erster Linie den Upload der Dateien. Beim Download ist es technisch aufwendiger und weitaus schwieriger zu beweisen, wer mit welcher IP-Adresse wann und welche Dateien heruntergeladen hat. Wer jedoch in einer Tauschbörse einen Film oder einen Musikclip als Upload zur Verfügung stellt, macht diese entgegen der Vorschrift des § 19 a UrhG öffentlich zugänglich. Nachdem die IP-Adressen mittels speziellen Programmen ermittelt wurden und oftmals zu “Beweiszwecken” ein Download der Dateien stattgefunden hat, stellen die Rechteverwerter der Unterhaltungsindustrie mit Hilfe von Anwaltskanzleien Strafanzeige. Bei der Staatsanwaltschaft werden dann tausende gleichlautende Strafanzeigen gestellt, die sich lediglich durch die IP-Adresse unterscheiden. Die Staatsanwaltschaft kann aufgrund ihrer Befugnisse von den Providern die Herausgabe der hinter den IP-Adressen stehenden Daten der Anschlussinhaber fordern. Ein direkter Auskunftsanspruch der Rechteverwerter gegenüber den Providern besteht nach momentaner Gesetzeslage nicht. Dies versuchen die Rechteinhaber seit Jahren durch massive Lobbyarbeit jedoch zu ändern, im Zuge der nächsten Urheberrechtsnovelle ist ein entsprechender zivilrechtlicher Auskunftsanspruch vorgesehen. Die Anwälte beantragen im Rahmen der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen dann Akteneinsicht (§ 406 e StPO) und gelangen so an den Namen und die Anschrift des Anschlussinhabers. Zwar werden auch die Urheberrechtsverletzungen strafrechtlich verfolgt, doch dient dieses Vorgehen in erster Linie dazu, zivilrechtliche Schadensersatzforderungen und Unterlassungsansprüche durch Abmahnungen geltend zu machen. Die strafrechtlichen Verfahren werden zum großen Teil durch die Staatsanwaltschaft eingestellt. In den Abmahnschreiben wird von den beauftragten Anwälten aufgeführt, welche konkreten Urheberrechtsverletzungen vorgeworfen werden (Datum, Dateiname, Dateigröße). Es wird gleichzeitig ein Vergleichsangebot zur pauschalisierten Zahlung von Schadensersatz und Anwaltsgebühren in Abhängigkeit von der Anzahl der angebotenen Dateien unterbreitet, wobei diese Forderungen oftmals mehrere tausend Euro betragen können. Daneben werden die Abgemahnten aufgefordert, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Gleichzeitig wird angedroht, ggf. einen ungleich höheren gerichtlich geltend zu machen.
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Reform des Urheberrechts
Mit der Reform des Urheberrechtes, das 2007 in Kraft tritt, haben jedoch auch die Unternehmen, welche als Rechteinhaber auftreten (Plattenfirmen, Filmverleih usw.) einen direkten Auskunftsanspruch gegen die Internetprovider. Es entfällt der Umweg über die Strafverfolgungsbehörden. Eine ursprünglich geplante Bagatellregelung für eine geringe Anzahl von Uploads wurde kurz vor der Verabschiedung des sogenannten 2. Korbes der Urheberrechtsnovelle wieder gestrichen. Diese sollte einerseits verhindern, unzählige Schüler und Minderjährige zu kriminalisieren und andererseits, die mit tausenden Anzeigen konfrontierten Strafverfolgungsbehörden zu entlasten. Gemäß § 106 UrhG können bei diesen Urheberrechtsverstößen Haftstrafen bis zu 3 Jahren, für gewerbsmäßiges Kopieren (§ 108a UrhG) bis zu 5 Jahren und Geldstrafen verhängt werden. Grundsätzlich haben die Richter zwar wie bisher die Möglichkeit bei geringfügigen Verstößen das Verfahren einzustellen (§ 153 a Abs. 1 StPO), jedoch tritt der Wille des Gesetzgebers deutlich hervor, Filesharing schärfer zu verfolgen. Es ist zu erwarten, dass sich auch die Gerichte von dieser gesetzgeberischen Intention orientieren werden. Auch macht sich strafbar, wer mithilfe eines Links den Zugang zu Raubkopien ermöglicht. Zwar stellt dies keine direkte Urheberrechtsverletzung dar, jedoch kann hier eine Verantwortlichkeit als so genanter Mitstörer in Betracht kommen. Ebenfalls kann das zur Verfügung stellen von Webspace für den Tausch oder Handel von Raubkopien einen Verstoß gegen das Urheberrecht darstellen und ggf. strafbar sein. Die Privatkopie von CDs und DVDs ist nur in Ausnahmefällen erlaubt, wenn dabei keine Schutzvorrichtungen umgangen werden. Problematisch wird es, wenn zwar ein Anschlussinhaber ermittelt wird, jedoch weitere Personen den Internetzugang nutzen und unklar ist, wer die Urheberrechtsverletzung begangen hat (Wohngemeinschaften, Familien, W-LAN). Hier ist im Einzelfall zu entscheiden, inwieweit der Anschlussinhaber dafür verantwortlich gemacht werden kann. Noch unklarer wird die Rechtslage, wenn Kinder und Jugendliche –also zumeist Minderjährige- abgemahnt werden. Ungeklärt ist zunächst die Frage, ab welchem Alter Kinder überhaupt für Urheberrechtsverletzungen im Internet haften. Zudem ist der Umgang mit Unterlassungs- und Verpflichtungserklärungen (in der Rechtsform eines Vertrages) sehr umstritten. Minderjährige können diese zwar selbst unterschreiben, dies hat jedoch keine rechtliche Wirkung, da es sich weder um ein Geschäft des täglichen Lebens (§ 110 BGB) noch um einen lediglich rechtlichen Vorteil handelt. Wenn hier die Eltern oder gesetzlichen Vertreter unterschreiben, stellt sich die Frage, ob diese den Minderjährigen überhaupt in dieser Form verpflichten dürfen, da bei einer Geltungsdauer der Unterlassungserklärungen von oftmals 30 Jahren der finanzielle Ruin bei einer Zuwiderhandlung, die drakonische Strafzahlungen vorsieht, vorprogrammiert ist. Dabei ist aus rechtspolitischer Sicht zu beachten, dass Filesharing als normal und nicht als kriminell empfunden wird und Minderjährigen oftmals die Einsichtsfähigkeit fehlt, etwas illegales zu tun.
Entscheidungen der Gerichte
Nach Aussagen der Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen e.V. (GVU) wurden in Deutschland im Jahr 2005 insgesamt 2549 Ermittlungsverfahren wegen Urheberrechtsverletzungen im Internet angestrengt. Im Laufe der letzten Monate stellte allein die Schweizer Firma Logistep mithilfe ihrer Anwälte über 20.000 Strafanzeigen hauptsächlich wegen Upload-Angeboten des PC-Spiels “Earth 2160” bei der Staatsanwaltschaft Karlsruhe. Massenhafte Strafanzeigen mit den darauf folgenden Abmahnungen nehmen ständig zu. Da sich die meisten Strafverfahren in der Vergangenheit im Bagatellbereich bewegten, wurden diese vielfach eingestellt, so dass es nicht zu einer gerichtlichen Verurteilung kam Die kostenpflichtigen Abmahnungen bleiben davon jedoch unberührt. Jedoch gibt es auch immer wieder gerichtliche Entscheidungen. So entschied das LG München I (Az.:21 O 8790/03), als erstes deutsches Gericht, dass eine Privatperson als Betreiber einer nicht lizensierten Tauschbörse rechtlich verantwortlich ist. Die von “EMI Germany” angestrengte einstweilige Verfügung wurde bestätigt. Dem Beklagten wurden die Kosten des Verfahrens und im Falle der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld in Höhe von 250.000 Euro auferlegt. In einem weiteren Fall verurteilte das AG Cottbus (Urteil vom 14.05.2004, Az.:95 DS 1653 JS 15556/04) einen Auszubildenden als User der Tauschbörse KaZaA wegen unerlaubter Vervielfältigung und Verbreitung urheberrechtlich geschützter Werke zu einer Geldstrafe in Höhe von 400 Euro. Nach einer außergerichtlichen Einigung mit den Rechteinhabern kamen dazu noch 8000 Euro Schadensersatz. Im Rahmen einer Hausdurchsuchung wurden 6000 mp3-Dateien beschlagnahmt. Aufgrund der Novellierung des Urheberrechtes ist zu erwarten, dass es in nächster Zeit zu weiteren Gerichtsentscheidungen kommen wird. Die zivilrechtlich geltend gemachten Schadensersatzforderungen, hier insbesondere der so genannte entgangene Lizenzschaden, sind soweit ersichtlich noch keiner gerichtlichen Prüfung unterzogen worden. Hierbei ist insbesondere die Argumentation der Rechteinhaber zur Höhe der Lizenzgebühren fraglich. Es wird darauf abgestellt, dass jede heruntergeladene bzw. angebotene Datei andernfalls legal im Laden gekauft worden wäre.
Fazit:
Nur in wenigen Fällen führte ein Verstoß gegen urheberrechtliche Vorschriften bisher zu strafrechtlichen Verurteilungen. Auch im zivilrechtlichen Bereich sind gerichtliche Entscheidungen eher selten. Die Betroffenen zahlen nach Erhalt der Abmahnung oftmals aus Angst vor höheren Forderungen die geltend gemachten Anwaltskosten, ohne diese juristisch prüfen zu lassen. Auch wird oft vorschnell eine Unterlassungserklärung abgegeben, in welcher die Übernahme von oftmals immensen Schadensersatzforderungen bzw. Vertragsstrafeversprechen erklärt wird. Inwieweit diese Ansprüche jedoch tatsächlich berechtigt sind, wird oftmals nicht überprüft. Im Falle einer Abmahnung kommt es entscheidend darauf an, sich von einem spezialisierten Rechtsanwalt beraten zu lassen. Dabei zeigt die Erfahrung, dass ein Großteil der rechtlichen Auseinandersetzungen im Wege außergerichtlicher Verhandlungen gütlich und zu für den Mandanten annehmbaren Konditionen beigelegt werden können.