Als Serien- oder Massenabmahnungen werden Abmahnungen bezeichnet, in denen eine Vielzahl gleichgelagerter Fälle mit identischen Abmahnschreiben abgemahnt werden. Entgegen der landläufigen Meinung kann aber nur bei den wenigsten dieser Fälle allein aufgrund der Anzahl der Abmahnungen auch gleich eine Rechtsmissbräuchlichkeit angenommen werden.
Was sind Massenabmahnungen?
Unter dem Stichwort „Massenabmahnungen“ werden Fallgruppen zusammengefasst, in denen ein Unternehmen gleich gelagerte Rechtsverstöße in einer Vielzahl von Fällen mit meist nahezu identischen Abmahnschreiben verfolgen lässt. In der Regel hat die Frage, ob ein Unternehmen Rechtsverstöße in nur einem Fall oder hundertfach abmahnen lässt, keine Auswirkungen auf die Frage der Rechtmäßigkeit der Abmahnung. Die Grenze des Rechtsmissbrauchs, die hier erreicht werden müsste, ist in den seltensten Fällen erreicht bzw. schlicht nicht nachweisbar.
Ein Abmahnanwalt der Musikindustrie hat zu diesem Punkt einmal sinngemäß ausgeführt:
„Tausendfache Rechtsverletzungen bedürfen tausendfacher Abmahnungen.“
Zumindest juristisch ist dieses Argument wohl nicht zu erschüttern.
Abmahnung nur, um Kosten zu erzielen?
Wenn die Abmahnungen aber beispielsweise nachweisbar nur mit dem Ziel erfolgen, dem abmahnenden Rechtsanwalt die Rechtsanwaltsgebühren zu sichern oder die behauptete Abmahnbefugnis des Abmahnenden in Wahrheit nicht gegeben ist, kann unter Umständen ein Rechtsmissbrauch vorliegen. In diesen Fällen sind die Kosten der Abmahnung dann nicht durch den Abgemahnten zu erstatten.
Die Gerichte setzen aber sehr hohe Anforderungen an den nachweis des Rechtsmissbrauchs. Allein die Anzahl der Abmahnungen ist kein Anhaltspunkt für einen Rechtsmissbrauch. So hat das Landgericht Regensburg entschieden, dass im Falle eines unrichtigen Impressum auf Facebook 180 Abmahnungen, die innerhalb einer Woche ausgesprochen wurden, NICHT rechtsmissbräuchlich sind.
Beispiele für Massenabmahnungen
ABMAHNUNG WEGEN TAUSCHBÖRSENNUTZUNG
Aufgrund der großen Popularität beteiligen sich weltweit Millionen Menschen an Internet-Tauschbörsen. Die immensen wirtschaftlichen Verluste, die die Unternehmen der Musik- und Filmbranche in den vergangenen Jahren hinnehmen mussten, haben dazu geführt, dass diese in den letzten Jahren massiv gegen die Nutzung illegaler Tauschbörsen vorgehen. Einerseits werden als Alternative immer mehr Möglichkeiten kostenpflichtiger Angebote zum legalen Download der Dateien angeboten (iTunes, Amazon usw.) andererseits wird versucht, die Rechtsverletzungen so effektiv wie möglich zu verfolgen.
Up- oder Download bei Filesharing?
In der Praxis betrifft die Verfolgung in erster Linie den Upload der Dateien, also das zur Verfügung stellen für andere Nutzer. Beim Download ist es technisch aufwendiger und weitaus schwieriger zu beweisen, wer mit welcher IP-Adresse wann und welche Dateien herunter geladen hat. Zudem ist die Rechtslage hier auch nach der Urheberrechtsreform teilweise umstritten. Nachdem die IP-Adressen mittels spezieller Programme ermittelt wurden und oftmals zu Beweiszwecken ein Download der Dateien stattgefunden hat, stellen die Rechteverwerter der Unterhaltungsindustrie mit Hilfe von Anwaltskanzleien Strafanzeige.
Bei der Staatsanwaltschaft werden dann oftmals tausende gleich lautende Strafanzeigen gestellt, die sich lediglich durch die IP-Adresse unterscheiden. Die Staatsanwaltschaft kann aufgrund ihrer Befugnisse von den Providern die Herausgabe der hinter den IP-Adressen stehenden Daten der Anschlussinhaber fordern. Seit einigen Jahren gibt es hier einen direkten Auskunftsanspruch der Rechteverwerter gegenüber den Providern. Der früher notwendige Umweg über die Staatsanwaltschaften ist nicht mehr notwendig. Dank der massiven Lobbyarbeit der Rechteinhaber ist der Auskunftsanspruch nun direkt in das Urheberrechtsgesetz aufgenommen.
Alle Infos zum Thema Abmahnung Filesharing
Das Abmahnschreiben
In den Abmahnschreiben wird von den beauftragten Anwälten aufgeführt, welche konkreten Urheberrechtsverletzungen vorgeworfen werden (Datum, Dateiname, Dateigröße). Es wird gleichzeitig ein Vergleichsangebot zur pauschalisierten Zahlung von Schadensersatz und Anwaltsgebühren in Abhängigkeit von der Anzahl der angebotenen Dateien unterbreitet, wobei diese Forderungen in der Regel mehrere tausend Euro betragen. Daneben werden die Abgemahnten aufgefordert, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben.
Gleichzeitig wird angedroht, ggf. einen ungleich höheren Betrag als Schadensersatz gerichtlich geltend zu machen.
Weitere Informationen zu Tauschbörsen-Abmahnungen finden Sie hier
STADTPLAN-ABMAHNUNGEN
Bei vielen Firmen, Organisationen oder Privatpersonen ist es sehr beliebt und gängige Praxis, einen Ausschnitt eines Stadtplanes als Anfahrtsbeschreibung auf ihrer Homepage einzubauen oder zu verlinken. Oftmals werden diese eingescannt oder durch copy&paste von den Internetseiten der Stadtplan-Verlage entnommen.
Ist dieses Vorgehen abmahnungswürdig?
Die Rechte der Nutzung eines Stadtplans liegen in den allermeisten Fällen bei den Verlagen. Diese verkaufen gegen eine hohe Lizenzgebühr die Nutzungsrechte aus ihren Stadtplänen. Da sehr viele Internet-Nutzer diesen Sachverhalt nicht kennen oder die rechtliche Bedeutung unterschätzen, sehen sich die Betroffenen inzwischen oftmals mit hohen Schadensersatz- und Rechtsanwaltskosten konfrontiert. Strittig ist dabei insbesondere die Frage, ob bei einer nicht-lizenzierten Nutzung eine Urheberrechtsverletzung vorliegt oder die genutzten Kartenausschnitte lediglich als Zitat anzusehen sind.
Über Suchmaschinen lassen sich diese Kartenausschnitte einfach und schnell finden. Einbindungen ohne entsprechende Nutzungsverträge, wurden und werden von den Rechteinhabern zu tausendfach abgemahnt. Neben den Anwaltskosten für die Abmahnung wird oftmals auch noch Schadensersatz, etwa in Form entgangener Lizenzgebühren, gefordert. Meine Vermutung ist, dass einige Verlage mit diesen Zwangslizenzen mehr Geld umsetzen als durch regulär abgeschlossene Verträge. Rechtsmissbräuchlich ist dies aber nicht.
Grundsätzlich ist festzustellen, dass zwischenzeitlich alle Gerichte die nicht-lizenzierte Verwendung eines Kartenausschnittes als Urheberrechtsverletzung ansehen. Die umstrittene Frage nach der Höhe der Schadensersatzforderungen ist allerdings noch nicht in allen Details abschließend geklärt.